Die jüdische Gemeinde Stadtschlaining
Orthodoxe Gemeinde im Süden
Video: Viktoria Pichler über den jüngeren jüdischen Friedhof
1. Gebäude der ehemaligen Synagoge und Rabbinerhaus (zum Video)
2. Haus Hauptplatz Nr.12
3. Standort ehemaliges rituelles Bad (Mikwe)
4. Vermutete Lage des ersten jüdischen Friedhofes
5. Erhaltenen Grabsteine des zweiten Friedhofes im Hof Vorstadtgasse Nr. 7
6. Dritter jüdischer Friedhof (zum Video)
7. Friedensmuseum
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Die ersten gesicherten Spuren jüdischen Lebens in Stadtschlaining finden
sich im Jahr 1675 mit der schriftlichen Erwähnung eines Judenrichters. Zur
Bildung einer jüdischen Gemeinde dürfte es somit Anfang der 1670er Jahre
gekommen sein. Ermöglicht wurde die Ansiedlung und die Ausübung
wirtschaflicher Tätigkeiten durch die Ausstellung von Schutzbriefen durch
die Familie Batthyány, den Grundherren von Schlaining.
Im 18. Jahrhundert nimmt die Zahl der Mitglieder der jüdischen Gemeinde
stetig zu und hatte ihren Höhepunkt im Jahr 1848 mit 650 Personen. 1848
waren 43 % von ihnen AltwarenhändlerInnen, 27% Hausierer, die ihre Waren an
der Haustür verkauften und 17% gehörten zur Mittelschicht und waren
KleinhändlerInnen oder Handwerker.
Durch die allmähliche bürgerliche Gleichstellung, die im Jahr 1867 mit dem
Staatsgrundgesetz in Ungarn verankert wurde, war es jüdischen Familien nun
möglich, sich in wirtschaftlich bedeutenderen Städten und Orten, wie
Budapest, Wien, Szombathely oder auch Oberwart anzusiedeln. Die
Kultusgemeinde in Stadtschlaining verlor an Bedeutung. Der letzte Rabbiner
des Ortes, Felix Blau, kündigte 1923, um als Rabbiner in der Filialgemeinde
Oberwart tätig zu werden. Bis 1923 ging die jüdische Bevölkerung auf 60 und
bis 1934 auf nur noch 19 Personen zurück.
Bei der Vertreibung der letzten jüdischen BewohnerInnen wurde 1938 in
Stadtschlaining ähnlich wie in den anderen Gemeinden des Burgenlandes
vorgegangen. Knapp nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 11.
März 1938, oder noch in derselben Nacht, wurden die Geschäfte jüdischer
BewohnerInnen beschlagnahmt und Juden und Jüdinnen aufgefordert, das
Burgenland zu verlassen. Die damals sechsjährige Marietta, sie konnte mit
ihrer Familie in die USA emigrieren, erinnert sich in einem Interview für
die Publikation „Vertrieben. Erinnerungen burgenländischer Juden und
Jüdinnen“ daran, wie Männer in Naziuniformen an die Haustür schlugen und das
Haus durchsuchten. Sie konnte mit ihrer Mutter und ihrem Onkel noch
rechtzeitig in die USA fliehen. In anderen Familienerzählungen vertriebener
Schlaininger Familien erinnert man sich aber auch an die Hilfe einzelner
nicht jüdischer Nachbarn.