1. Vormals Gasthaus der Familie Reisner
2. Gemischtwarenladen Reisner und Dux
3. Geflügel- und Schweinemästerei Dux
4. Armenhaus („Hekdesch“)
5. Gedenktafel am Standort der Synagoge (zum Video)
6. Geburtshaus des Musikers Maurus (Moritz) Knapp
7. Koschere Fleischbank und Branntweinbrennerei
8. Geburtshaus des Musikers Joseph Joachim
9. Kaufhaus Zopf
10. Apotheke von Julius und Regina Engels
11. Zahnarztpraxis Alfred Balassa
12. Gemischtwarenhandel Helene Morgenstern
13. Fleischhauerei und Kohlenhandlung Samuel Singer
14. Jüdischer Friedhof (zum Video)
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Die Anfänge der jüdischen Gemeinde von Kittsee reichen in das 17.
Jahrhundert. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts gehörte sie zu den Fürstlich
Estherházyschen „Sieben-Gemeinden“. Den Höchststand jüdischer Bevölkerung
erreichte Kittsee im Jahr 1821 mit 789 Personen jüdischen Glaubens. In den
Folgejahren kam es aus ökonomischen Gründen zu einer Abwanderung. Im Jahr
der Volkszählung 1934 lebten nur mehr 62 Juden und Jüdinnen hier.
Zunächst lag das jüdische Viertel Kittsees in der Herrengasse zwischen der
„Alten Burg“ und der Synagoge. Hier wurde im Jahr 1831 der berühmte Geiger
und Komponist Joseph Joachim geboren. Am jüdischen Friedhof von Kittsee,
direkt an die Burg angelegt, findet sich auch das Grab von Chajjim ben
Ascher Anschel aus Kittsee, berühmt durch seine illustrierte Pesach-Haggada
(1770). In der Zwischenkriegszeit befand sich der Großteil der Geschäfte
jüdischer Kaufleute entlang der Hauptstraße und am Hauptplatz.
In der Nacht des 16. April 1938 holte die GESTAPO alle Juden und Jüdinnen
aus Kittsee aus ihren Betten. Nach ihrer Registrierung setzte man sie noch
in der Nacht auf einer Insel in der Donau bei Theben (Devin) aus. Nach
Intervention der Kultusgemeinde in Bratislava, wurden sie zunächst auf einem
Gutshof im Dreiländereck Ungarn-Tschechoslowakei-Deutsches Reich
untergebracht, wo sie kurze Zeit bleiben durften. Schließlich konnten die
vertriebenen Familien Unterschlupf auf einem französischen Schleppboot
finden, wo sie vier Monate in den Donauauen ausharrten. Dem Vizepräsidenten
der Orthodoxen-Israelitischen Kultusgemeinde Preßburgs, Aron Grünhut, gelang
es die nötigen Reisedokumente zu besorgen. So ermöglichte er den letzten
jüdischen Familien von Kittsee die Flucht bis nach China, in die USA und
nach Palästina. Einzig Rabbiner Armin Zwi Perles (gest.1943 in Nové Mesto
nad Váhom), seine Frau (1944 in Auschwitz ermordet) und Helene Zopf (gest.
1938 in Bratislava) verblieben in der Slowakei.
Wie viele der etwa 60 im März 1938 in Kittsee wohnenden Juden und Jüdinnen
die Shoah nicht überlebt haben, ist nach wie vor nicht genau bekannt.
Verarbeitet haben diese Ereignisse Aron Grünhut im 1972 im Selbstverlag
erschienenen Buch „Katastrophenzeit des slowakischen Judentums“, und der
jüdische Arzt, Kommunist und Erfolgsautor Friedrich Wolf in seinem Drama
„Das Schiff auf der Donau. Ein Drama aus der Zeit der Okkupation Österreichs
durch die Nazis“.
Kurze Beschreibung des Rundganges
Der Rundgang beginnt beim Gasthaus Leban in der Unteren Hauptstraße Nr.
41, das die jüdische Familie Reisner bis 1938 führte. Über die Krachgasse,
wo sich auf Nr. 7 der Gemischtwarenladen der Familie Reisner und Dux befand,
führt der Weg über das Schattendörfl. Auf Nr. 33 war die Geflügel- und
Schweinemästerei Dux. Der Straße folgend kommt man bei Nr. 7 zum ehemaligen
Armenhaus („Hekdesch“), das von der israelitischen Kultusgemeinde bis 1921
betrieben wurde. Nun gelangt man in die Herrengasse, wo am Grundstück Nr. 15
die Synagoge und das Rabbinerhaus standen. Nach 1945 kamen die Gebäude ins
Eigentum der israelitischen Kultusgemeinde Wien als Rechtsnachfolgerin. Im
Jahr 1950 ließ sie das Gebäude abreißen und verkaufte das Grundstück. Eine
Gedenktafel an der Grundstücksmauer erinnert an den Standort und die
jüdischen Opfer von Kittsee. Die Herrengasse Richtung Norden gehend kommt
man zur Preßburger Straße, wo sich auf Nr. 1 eine Gedenktafel am Geburtshaus
des Musikers Maurus (Moritz) Knapp (1905-1990) befindet. Im Nachbarhaus
waren bis 1895 die koschere Fleischbank und eine Branntweinbrennerei
untergebracht. In Richtung Hauptplatz gehend gelangt man zum Haus Joseph
Joachimplatz 7, dem Geburtshaus des bekannten Violinisten, Dirigenten und
Komponisten Joseph Joachim (1831-1907). Am anschließenden Hauptplatz
befanden sich zahlreiche Geschäfte vertriebener Juden und Jüdinnen: das
Kaufhaus Zopf (Nr. 21), die Apotheke von Julius und Regina Engels auf Nr. 5
(heute Salvator-Apotheke), die Praxis von Zahnarzt Alfred Balassa (Nr. 32),
der Gemischtwarenhandel von Helene Morgenstern (Nr. 24) und das Geschäft der
Familie Singer (Nr. 35). Geht man zurück zur Preßburger Straße und biegt Am
Schanzl links ab, führt der Weg zum jüdischen Friedhof, dem Endpunkt des
Rundganges.
Irmgard Jurkovich – Initiatorin des Gedenkens in Kittsee
Initiatorin des Gedenkens und Erinnerns an die ehemalige jüdische
Gemeinde in Kittsee ist
OSR Irmgard Jurkovich, HS-Direktorin i.R. Im Schuljahr 1981/82 begann sie
an der Hauptschule in Kittsee Projekte zur lokalen jüdischen Geschichte mit
SchülerInnen durchzuführen und organisiert bis heute jährliche
Gedenkveranstaltungen in Kittsee. Auf ihre Initiative wurde 2008 in der
Gemeinde der Entschluss gefasst, eine Gedenktafel an der Adresse Herrengasse
15, dem Standort der ehemaligen Synagoge, anzubringen, die an die Opfer und
Verfolgten der jüdischen Gemeinde erinnert. Anlässlich des Europäischen
Tages der jüdischen Kultur 2015 wurde eine Gedenktafel am Geburtshaus des
Musikers Maurus (Moritz) Knapp enthüllt. Irmgard Jurkovich erhielt für ihre
Verdienste zum Gedenken und Erinnern an die Verfolgten, das Goldenen
Ehrenzeichen der Gemeinde Kittsee verliehen.
[1] Magnus, Naama G.: Auf verwehten Spuren. Das jüdische Erbe
im Burgenland. Teil 1 Nord- und Mittelburgenland. Wien 2013.
[2] Österreichisches Museum f. Volkskunde (Hg): Zerstörte jüdische
Gemeinden im Burgenland - eine Spurensicherung am Beispiel Kittsee.
Kittseer Schriften zur Volkskunde. Begleitvorträge zur Ausstellung vom
13. Dezember 2003 bis 7. März 2004 im EMK. Kittsee 2005.
[3] Reiss, Johannes (Hg.): Aus den Sieben Gemeinden. Ein Lesebuch über
Juden im Burgenland. Eisenstadt [1997].
[4] Schmidt, Silvia Maria: Das Schicksal der Juden im Bezirk Neusiedl
am See. 1938 - 1945. Dipl. Arb. Universität Wien 2010.
Publikation Online
[4] Waltenberger, Theresa: Virtuelle Rekonstruktion der Synagoge in
Kittsee. Dipl. Arbeit an der Technischen Universität Wien. Wien 2015.
Publikation Online
Alle Interviews: OSR Irmgard Jurkovich, 2020.
Kamera und Ton: Justin Ramon Kodnar
Schnitt: Justin Ramon Kodnar, Michael Schreiber
Website Gestaltung und Betreuung: Gert Tschögl
Die Videos wurden von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft im Rahmen der Europäischen Tage der Jüdischen Kultur 2020 produziert.
Medienkooperation:
noviglas.online | Hrvatski akademski klub – HAK – Kroatischer akademischer Klub
In Kooperation mit: Verein KUKUK – Verein zur Förderung von KUnst KUltur Kommunikation und
„Offener Tisch“ Kittsee